„Barfuß im Herzen der Stadt“: Ökumenischer Gottesdienst feiert 800 Jahre Franziskaner*innen in Augsburg

Eröffnungsgottesdienst am 20.05.2021
Bildrechte Julian Schmidt, pba

Augsburg, 20.05.2021 (pba). Im Jahr 1221 kamen die ersten Franziskanermönche in Augsburg an und prägen die Stadtgesellschaft bis heute. In Erinnerung an diese 800-jährige franziskanische Präsenz fand heute im Hohen Dom ein ökumenischer Gottesdienst statt, den Bischof Dr. Bertram Meier gemeinsam mit Regionalbischof Axel Piper, Ordensleuten und Vertretern der evangelischen Barfüßergemeinde feierte. Papst Franziskus schickte den Christinnen und Christen der Stadt herzliche Segenswünsche.

„Vor achthundert Jahren brachten die Franziskaner die Botschaft Christi auf eine neue, konkrete und persönliche Weise nach Augsburg“, schrieb Kurienerzbischof Edgar Peña Parra in einem Grußwort, das im Namen des Heiligen Vaters zu Beginn des Gottesdienstes verlesen wurde. Der heilige Franz von Assisi habe vorgemacht, was es bedeute, für die Geringsten da zu sein: „Es ermuntert, unermüdlich Frieden aufzubauen und Gemeinschaft zu stiften, die niemanden ausschließt.“ Das päpstliche Grußwort schloss mit dem Wunsch, dass die vertiefte Begegnung mit dem Erbe des heiligen Franziskus die katholischen und evangelischen Christen in Augsburg dazu beitragen möge, „dass allen Menschen in der Welt Friede und Heil zuteil wird.“

„Kraft und Dynamik“ der franziskanischen Bewegung

Florian Kreis (Theater im Leben) als Franz von Assisi
Bildrechte Julian Schmidt / pba

Pfarrerin Gesine Beck von der evangelischen Barfüßergemeinde in Augsburg freute sich in ihrer Hinführung darüber, dass der Gottesdienst im Hohen Dom stattfinden könne. Dies zeige, dass man in geschwisterlicher Weise miteinander feiere und auf dem Weg sei. Auch als protestantische Pfarrerin schaue sie mit Staunen auf die „Kraft und Dynamik“ der franziskanischen Bewegung und sehe den inspirierenden Geist des heiligen Franziskus auch heute noch in Christinnen und Christen aller Konfessionen als lebendiges Erbe.

In einer Dialogpredigt, die Bischof Bertram Meier und Regionalbischof Axel Piper hielten, tauschten sich die beiden darüber aus, was ihnen Franz von Assisi persönlich bedeute. Regionalbischof Piper betonte besonders den Faktor der Freiheit, die das Leben des Heiligen „wie ein roter Faden“ durchziehe: „Was später Martin Luther in der Kirche der Freiheit nach den Maßstäben des Evangeliums ersehnte und umsetzen wollte, das hat Franz von Assisi schon einige Jahrhunderte zuvor mit einigen starken Zeichen angedeutet.“ Bischof Bertram erinnerte daraufhin an die Freiheit, die sich Franziskus genommen habe, um als „Aussteiger aus der geschlossenen mittelalterlichen Gesellschaft seiner Heimatstadt“ für sein Leben neue Akzente zu setzen: „Franz pflegte einen alternativen Lebensstil.“ In Anspielung an Papst Franziskus, der seinem Namenspatron nacheifere, habe Franz von Assisi die ganze Schöpfung als „großen Garten“ und „einzige Familie“ gesehen, die wir nicht veruntreuen dürften. Trotzdem sei Franziskus mehr als ein „mittelalterlicher Ökologe oder Grüner“.

Erneuerung der Kirchen und Ordensgemeinschaften

Dialogpredigt: Bischof Bertram Maier und Regionalbischof Axel Piper
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Regionalbischof Piper betonte, dass es Franziskus vor allem um eine geistliche Erneuerung der Kirche gegangen sei. Dieses Werk ziehe seine Kreise bis heute. Bischof Bertram schloss sich dem an und ergänzte: „Die wahre Reform der Kirche ist keine Reformation, die von außen in die Kirche hineingetragen wird und die Einheit gefährden kann, sondern Umkehr von innen, aus Liebe zur Kirche, aus dem Fühlen mit der Kirche, was auch konstruktive Kritik an ihr einschließt.“

Beide Prediger riefen dazu auf, als mündige Christinnen und Christen mit Freimut ihre Stimmen zu erheben und mit den Gaben des Heiligen Geistes für die Erneuerung ihrer Kirchen und Ordensgemeinschaften zu wirken. Bischof Bertram äußerte die Überzeugung: „Manche konkreten Ordensgemeinschaften haben die Bühne der Geschichte betreten und sie werden womöglich auch wieder abtreten, wenn ihre Mission erfüllt ist, doch der franziskanische Geist wird bleiben. Ohne ihn wären beide Kirchen ärmer.“

Franziskanische und Augsbuger Grüße

Grüße der Interfranziskanischen Arbeitsgemeinschaft (INFAG) an Pfarrerin Gesine Beck (Zu den Barfüßern, Augsburg)
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Nach dem gemeinsamen Segen durch Pfarrerin Beck, Bischof Bertram und Regionalbischof Piper wurden noch vier Grußworte verlesen. P. Dr. Cornelius Bohl OFM als Provinzial der Deutschen Franziskanerprovinz, Sr. Franziska Dieterle OSF als Vorständin der Interfranziskanischen Arbeitsgemeinschaft INFAG, der Dritte Bürgermeister der Stadt Augsburg Bernd Kränzle sowie Beate Schabert-Zeidler vom Präsidium der Synode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern sowie der Dekanatssynode Augsburg richteten ihre Grüße an die Festgäste aus und betonten, wie sehr der Geist des Franziskus ihre jeweiligen Arbeitsbereiche und Spiritualität geprägt hat. Musikalisch wurde der Gottesdienst durch einen Ökumenischen Projektchor mit Orchester unter der Leitung von Elisabeth Kaiser gestaltet; dazu kam es unter anderem zu der Uraufführung der Choralkantate op. 125 von Alexander Moseler.

Aufgrund der Corona-Pandemie konnte die ökumenische Feier nur in einem begrenzten Rahmen stattfinden. Der Gottesdienst wurde filmisch aufgezeichnet und wird Ende Mai auf www.barfuss-im-herzen-der-stadt.de nachträglich anzusehen sein.


Das Jubiläumsjahr in Augsburg beginnt am 20. Mai 2021 und endet an Pfingsten 2022. Es nimmt Bezug auf die Aussendung der Franziskanerbrüder auf dem Pfingstkapitel der Gemeinschaft 1221 in Assisi (Italien). Im Herbst desselben Jahres kamen sie in Augsburg an und wurden freundlich aufgenommen. Ihre Anwesenheit prägte über Jahrhunderte die Stadtgesellschaft und war zugleich die Geburtsstunde für die weitere Ausbreitung franziskanischer Spiritualität und Lebensweise nördlich der Alpen. Die von ihnen erbaute Barfüßerkirche wurde dabei nach der alten franziskanischen Sitte benannt, barfuß oder in Sandalen zu gehen. 1535 wurde die Kirche zum ersten evangelischen Gotteshaus Augsburgs umgewandelt. Die franziskanische Ordensfamilie ist bis heute mit den Franziskanerinnen von Maria Stern sowie den Dillinger Franziskanerinnen in der Stadt präsent.